yazd

3/1/2008 iran

der rahbar chamenei besucht yazd

...als man am abend des zweiten tages des neuen jahres 2008 nach der christlichen zeitrechnung in den strassen von yazd spazierte, wirte die stadt wie veraendert ... ueberall hingen bilder des rahbar, des hoechsten mannes der islamischen republik iran, seyyed ali chamenei ... die riesigen poster und bilder des leaders, wie er von den iranern genannt wird, und flaggen der republik waren uebrall zu sehen ... sie ziehrten die strassen und bazare der stadt, jedes geschaeft hatte meist mehrere bilder aufgehaengt und vorallem bei oeffentlichen gebauden und an den moscheen hingen riesige poster ... meist war chamenei alleine abgebildet, barmherzig laechelnd, freundlich winkend oder betend ... manchmal wurde sein antlitz durch die anwesenheit seines vorgaengers und lehrers, des fuehrers der islamischen revolution hoechst persoenlich ergaenzt ... auch ayatollah chomeini war also in yazd allgegenwaertig ... nur selten jedoch war auch der praesident ahmedinejad zusammen mit den beiden religioesen autoritaeten zu sehen ... polizei und militaer war damit beschaeftigt abschrankungen und eingangstore aufzubauen, damit am naechsten tage beim besuch des rahbar die besucher kontrolliert auf den amir chakmak platz gelangen koennen ... denn schon mehrmals soll es attentatsversuche auf den fuehrer gegeben haben ... seit einem bombenanschlag in den 80er jahren soll er seinen rechten arm nicht mehr bewegen koennen ... also wurde alles unternommen um ein weiteres attentat zu vereiteln ... obwohl die wahrscheinlichkeit eines solchen geschehens im heutigen iran hoechst unwahrscheinlich ist ... es sollte das erste mal sein, dass chamanei die kleine wuestenstadt yazd als rahbar besuchen sollte ... in den 80ern war als praesident einmal da um zu "seinem volk" zu sprechen ... seyyed chamenei, 1939 in mashad geboren, wurde 1981 von seinem ehemaligen lehrer chomeini zum staatspraesidenten ernannt, seit dem 4. juni 1989, kurz nach dem tode der revoltionsfuehrers, ist er der rahbar der hoechste mann der islamischen republik iran ... das amt des rahbars wurde ihm vom expertenrat verliehen sowie den titel des ayatollahs ... der klerus verweigerte ihm aber sich wie chomeini als grossayatollah zu bezeichnen ...





... am kommenden tag, dem dritten unseres kalenders, waren alle geschaefte in der stadt geschlossen ... der verkehr wurde aus dem stadtzentrum ausgeschlossen ... schon frueh um sechs uhr waren viele menschen in der stadt ... der himmel war grau und es war kalt ... das klare blau des gestrgen himmels war verschwunden ... helikopter kreisten tieffliegend ueber die daecher der altstadt ... der laerm der rotoren weckte ein gefuehl des ueberwachtwerdens ... die armee zeigte ihre praesenz nicht nur in den strassen sondern auch in der wuestenluft ... je aelter der morgen wurde je mehr menschen sammelten sich in den strassen und stroemten richtung amir chakmak platz wo seine geistlichkeit, der rahbar chamanei, zum volke sprechen sollte ... ueberall war er bereits vor seiner ankunft allgegenwaertig, an hauswaenden, schaufenstern und auf den unzaehligen bildern und postern die an die leute verteilt wurden oder die sie mitbrachten ... es waren besonders viele frauen, alle beinahe ausnahmslos in den tschador gehuellt, anwesend, auch viele familien mit kindern, die stolz die bilder tragen durften, manchmal verkehrt herum, bis es ihre eltern merkten ... zu tausenden kamen die menschen aus den umliegenden doerfern und staedten um ihrem fuehrer zuzuheoren ... 100'000 ende duerften es schon gewesen sein ... lokale behoerden sprachen von mehreren hundert tausend ... am eingang wurde bedingungslos kontrolliert, keine fotokameras und auch keine handys ... mehrere autobusse standen bereit in denen die besucher ihre handys abgaben und gegen einen nummernzettel wieder holen konnten ... auf den daechern waren polizisten zu sehen die kinder zurueckwiesen, die versuchten einen blick auf den platz zu erhaschen ... bereits hundert meter vor dem eingang wurden maenner und frauen getrennt, auch der platz war streng nach geschlechtern getrennt und frauen ohne tschador war es nicht erlaubt den platz zu betreten ... im vorfeld der rede wurden flugblaetter verteilt, auf denen die besucher informiert wurden, wie sie sich zu verhalten und kleiden haetten ... zivile polizisten nahe des eingangs wiesen mich freundlich darauf hin, dass es touristen nicht erlaubt ist den amir chakmak zu betreten ... meinem begleiter, einem jungen italiener ist es jedoch gelungen den fuehrer aus der naechsten naehe zu sehen ... mir als blondhaariger war es nicht vergoennt die eingangskontrollen zu passieren ... ich musste mir die rede des rahbars auf einem der grossbildschirme, die am vorabend aufgestellt wurden, anschauen ... doch ich war nicht der einzige, tausende von iranerInnen hinter mir, war es ebenfalls nicht moeglich den amir chakmak zu betreten, denn die eingangstore wurden eine stunde vor der rede des fuehrers geschlossen, da man keine menschen mehr auf den bereits vollen platz ziehen lassen wollte ... unzaehlige hatten also nicht einmal sicht auf die grossleinwand, auf welchem bis zur ankunft des redners bilder aus der zeit der revoltion gezeigt wurden, reden von chomeini und szenen aus dem krieg gegen irak im jahre 1980 ... nach mehreren stunden wartezeit und langen instruktionen ueber lautsprecher, ging ploetzlich ein raunen durch die mengen und dann wurde es still ... der rahbar betrat das rednerpult: "allah u rahman rahim", der eroeffnungsvers des heiligen korans, waren seine ersten worte ... er sprach rund eine halbe stunde zu den menschen ... was der hoechste mann der republik genau sagte blieb fuer mich leider ein raetsel, da ich keinen guten uebersetzer finden konnte und die leute um mich herum mir nur floskeln uebersetzten ... nach der rede erklaerten mir studenten, dass ayatollah chamanei unter anderem auch gegen den teufel USA und natuerlich wie ueblich auch gegen israel gewettert haben soll ... das wort terrorist, mit dem hoechstwahrscheinlich mr. bush gemeint war, war eines der wenigen woerter, das ich mehrmals zu hoeren glaubte ... auch das wurde mir von den studenten bestaetigt ... nach der rede war es uns touristen dann erlaubt den amir chakmak zu betreten ... der platz leerte sich schnell und sah aus wie nach einem popkonzert ... ueberall lag abfall und verpackungen der biscuits die gratis verteilt wurden ... gleich danach wurde auch mit den aufraumarbeiten begonnen ... und dann standen wir touristen ploetzlich wieder im mittelpunkt ... gerne posierten junge maenner mit bildern chameneis vor meiner linse ... die leute waren wie immer freundlich und selbst wenn wir amerikaner gewesen waeren, haette man uns trotzdem die hand geschuettelt und "welcome to yazd" zu hoeren bekommen ... wie ernst die leute hier den ganzen event nahmen, bleibt fraglich ... was klar zu sein scheint, die inszinierung der macht und beliebtheit des rahbars und antiamerikanisch- und proislamischen propaganda scheint geglueckt zu sein ... ayatollah chamenei, der rahbar, der leader und maechtigste mann in der republik, scheint sich trotz aller kritik der mehrheit meiner gespraechspartner hier im iran, bei vielen grosser beliebtheit zu erfreuen ... dies zeigten auch die fernsehbilder des naechsten tages, als sie seinen besuch am abend an der universitaet von yazd zeigten, wo wiederum tausende von menschen ihrem fuehrer zu rufen und seine antiamerikanische rethorik gegen den teufel USA unterstuetzten ... einige hier behaupten zwar, dass das ganze eine grosse inszenierung sei, alles organisiert bis ins kleinste detail ... all die jubelnden menschen seien bezahlt worden um zu jubeln und schreien ... heisst es immer wieder von denen menschen in yazd, die den besuch des rahbars nicht begruessten und nicht besuchten ... zudem erklaeren dieselben, dass alle die dem rahbar jetzt zujubeln sich schon bald wieder ueber ihn beklagen werden, wenn er ihre stadt wieder verlassen hat ...



der iran und seine menschen, seine politik und wie die menschen darueber denken, schimpfen und applaudieren, ist und bleibt fuer mich ein schwer zu durchschauendes geheimnis, grau wie der himmel am dritten tage des neuen jahres ueber der wuestenstadt yazd im herzen der islamischen republik iran ...





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