hari mandir darbar sahib

19/01/2008 amritsar, punjab

Golden Tempel
ਹਰਿਮੰਦਰ ਸਾਹਿਬ

nach den drei herren am emigration office trafen wir in amritsar auf noch mehr herren mit turban und bart. amritsar liegt im indischen teil des punjabs, indem die meisten der rund 18 mio in indien lebenden sikhs zuhause sind... hier befindet sich auch ihr hoechstes heiligtum, der weltberuehmte goldene tempel auch harmandir sahib oder darbar sahib (punjabi: ਹਰਿਮੰਦਰ ਸਾਹਿਬ) genannt ...

die stadt amritsar wurde vom vierten guru der sikhs guru ram das 1574 gegruendet, der sich hier seine neue residenz erbauen liess. damals wurde der ort guru ka chak und spaeter chak ram das und ram das pura genannt. 1577 wurde mit den ausgrabungen des amritsar sarovar (wasser-)tank begonnen. die arbeiten wurden 1586 unter guru arjan dev fertiggestellt. die stadt erhielt ihren neuen namen, amritsar (ueberstzt "becken des unsterblichen nektars"). zudem wurde mit dem bau eines gurdwaras dem harimandir sahib begonnen, der 1601 zum abschluss kam und dann im 18.jh. unter dem maharaja des punjabs, ranjit singh (1780-1839) weiter ausgebaut. der grundstein des tempels wurde vom sufiheiligen hazrat mian mir aus lahore gelegt. in den folgenden jahren wurde der erste textsammlung adi granth (spaeter als guru granth sahib bezeichnet), das heilige buch der sikhs, verfasst und im harimandir aufbewahrt. die heiligen texte des guru granth sahib gilt seit dem zehnten und letzten guru der sikhs als hoechste religioese autoritaet und wird als lebendiger guru verehrt.

jeden morgen um 4 uhr wird das buch von einem granthi ("leser, einer der aus dem buch liest") aus dem gurdwara geholt und ins innere des harimandirs gebracht um mit der rezitation zu beginnen. anschliessend werden den ganzen tag khirtan gesungen, begleitet von harmonium und tabla musik. am abend wird das buch dann wieder auf dem kopf zurueck in die kleine kammer im gurdwara gebracht, wo es eingewickelt in mehere stoffdecken die nacht verbringt.

der harimandir, der vollstaendig mit blattgold bedeckt ist, liegt in mitten eines kleinen sees, bekannt als sarovar, der den amrit ("unsterblicher nektar') beinhalten soll. vier eingaenge fuehren zum see, die pilger und reisende von allen vier himmelsrichtungen empfnagen sollen. die vier eingaenge soll auch ein symbol der offenheit der sikhs gegenueber anderen religionen sein erklaerte mir amar singh, den ich bei meinen mehrmaligen umrundungen des sees kennegelernt hatte und der mir gerne ueber den tempel erzaehlen wollte. der tempel ist fuer jeden menschen offen, unabhaengig seiner hautfarbe, religion oder seines geschlechts, betont amar singh. einzig sind beim betreten des tempelkomplexes einige vorschriften zu beachten. alle besucher muessen ihre schuhe ausziehen, fuesse waschen, ihren kopf bedecken und duerfen im tempel nicht rauchen und keinen alkohol zu sich nehmen...

im tempelkomplex der um den see herum fuehrt und den die unzaehligen pilger und besucher im uhrzeigersinn umkreisen sind immer weider schreine der zehn sikh-gurus (fuehrer) anzutreffen. amar singh wusste zu jede der gurus kleinere geschichten zu erzaehlen. einige von ihnen wurden von den muslimischen eroberer, den afghanen und den moghulen umgebracht, da sie nich konvertieren wollten. sie werden heute noch als maertyrer gefeiert, erklaerte mir der aeltere herr voller stolz. nach den seinen geschichten verabschiedete ich mich mit saat sri akkal und ging weiter, wohl zum fuenften mal hute schon, meine runde um den goldenen tempel. den ganzen tag wird man ueber eine einzigartige musikanlage (wohl die beste die ich in indien je gehoert habe) von den khirtangesaengen bei seinen umrundungen begleitet. die musik ist wohin man sich auch setzt klar zu hoeren, ansonsten ist man sich in indien schlimmeres gewohnt, immer ist musik ueber lautsprecher mit rauschen, quitschen oder dem motor eines generators verbunden ...

der tempelkomplex in amritsar beherbergt auch den akal takht. akal wird als "das zeitlose" eine andere bezeichnung fuer das goettliche und takht kommt aus dem persischen und heisst "sitz". der "sitz des zeitlosen" als politisch-militaerische institution, wurde vom sechsten guru har gobind als symbol der politischen souverenititaet der sikhs gegenueber den eindringenden moghulen erbaut. neben dem heiligen buch verkoerpern die fuenf sogenannten jathedars, die hoechste religioese autoritaet.

der Jathedar von amritsar gyani joginder singh vedanti.

im 18 jh. unter der herrschaft des maharajas ranjit singh (1780-1839). war der punjab eine unabhaengiges koenigreich das aber 1849 von den briten annektiert wurde. in den 1970er und 80er jahren formierte sich im bundesstaat punjab eine separatistische bewegung, die einen unabhaengigen sikhstaat namens khalistan, im ausmass des reiches von maharaja ranjit singh, forderte. als geistiger vater der bewegung gilt dr. jagjit singh chauhan (1929-2007), der 1971 in die usa reiste um gelder fuer seine bewegung zu sammeln. in der new york times wurde ein artikel veroeffentlicht, in dem er ein unabhaengiges khalistan forderte. nach ein paar jahren wieder zurueck in indien gruendete er 1979 die organisation national council of khalistan, machte sich selbst zum praesidenten der republic of khalistan, riefein kabinet ins leben, die unter anderem khalistan-paesse austellte, eigene briefmarken und khalistan-dollars. 1980 ging er nach london ins exil und pflegte weiterhin enge kontakte zu jarnail singh bhindranwale (1947-1984).

bhindranwale war fuehrer der religioesen organisation damdami taksal, die die idee eines unabhaengigen khalistans unterstuetzten. 1980 war er aktiv bei der wahlkampagne der congress party im punjab beteiligt, denn die partei versuchte seine grosse popularitaet die er bei den sikhs genoss fuer die wahlen zu gebrauchen. er wurde 1981 verhaftet, da er unter verdacht stand am mord an jagat narain, ein bekannter kritiker bhindranwales, und anderen gewaltverbrechen beteiligt gewesen zu sein. in der folge kam es wahrend 25 tagen immer wieder zu gewaltausbruechen im punjab. daraufhin wurde er jedoch wieder frei gelassen und nahm mit mehreren hundert bewaffneten gefolgsleuten zuflucht im guest house des golden tempels, guru nanak niwas und spaeter im akal takht und harimandir, in dem sie sich schwer bewaffnet verschanzten. am 3. juni 1984 beaufrtagte die indische premierministerin indira gandhi die indische armee unter der leitung von general kuldip singh brar den harimandir mit schweren panzern zu stuermen und die militanten sikh-terroristen, wie sie von der regierung gennat wurden zu verhaften. drei jahre zuvor wurde bhindranwale noch von der partei indira gandhis bei der wahlkampagne gefoerdert und nun war er delhi groesster feind im eigenen land. beim angriff, der zu einem zeitpunkt standfand in dem sich tausende von pilger im tempelkomplex aufhielten, kamen nach offiziellen angaben 83 soldaten und 492 zivilpersonen ums leben. unter ihnen auch bhindranwale, der fuer viele sikhs zu einem maertyrer geworden ist. einige behaupten sogar, dass er den angriff uebrlebt haben soll und anschliessend von der indischen armee zu tode gefoltert sein soll.

am 31. oktober 1984 wurde indira gandhi von zwei ihrer leibwaechtern namnes satwant und beant singh, beides sikhs, ermordet. daraufhin kam es im ganzen land zu unzaehligen graeueltaten gegenueber sikhs. ueberall wurden geschaefte, hauser und hotels von sikhs niedergebrand und gurdwaras zerstoert. in delhi kam es drei tage lang zu mobs gegen sikhs. leute der congress party sollen die mobs organisiert und den randalierern freien transport und adresslisten von sikhs sowie benzinkanister ausgehaendigt haben. innerhalb von drei tagen wurden ganze quartiere verwuestet, geschaefte und hauser abgebrandt. ueber 2500 sikhs sollen dabei ihr leben verloren haben. darunter meist junge maenner denen zuerst der bart geschnitten wurde bevor sie bei lebendigen leibe auf offener strasse verbrandt wurden. so berichtete mir karnal singh, der in delhi ein geschaeft fuehrt, wie er damals auf seinem motorrad nach hause fuhr und mit glueck den wuetenden mobs auf der starsse entkam. auch amrit singh ein taxifahrer ist damals mit viel glueck davon gekommen, er sei einfach aufs gas pedal als er den mit eisenstangen und benzinkanistern bewaffneten maenner gesehen habe, erzaehlte er mir. einige seiner freunde haetten aber weniger glueck gehabt und seien umgebracht worden, erinnert sich der taxifahrer.

die erinnerung an die grausamen tage im jahre 1984 scheinen vergessen und so auch die khalistanbewegung, die heute in indien von der oeffentlichkeit so gut wie verschwunden zu sein scheint, nur in einigen koepfen schwirrt der traum eines unabhaengigen sikhstaates khalistan noch herum. in den usa und in england higegen soll die bewegung heute immer noch von grosser bdeutung sein. doch fragt man hier einen sikh nach khalistan, glaubt kaum noch jemand daran, dass es eines tages zwischen indien und pakistan ein khalistan auf der landkarte geben wird.

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